Zeit fokussierter Unintelligenz

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl beschrieb Wahlkämpfe als Zeit fokussierter Unintelligenz, was ihm selbst von Insidern durchgehend Zustimmung bescherte. Wahlkämpfe sind auch die Zeit fulminanter Vernebelungsaktionen. Man sehe sich zum Beispiel die Debatte um die Pensionserhöhungen an, in der von allen Politikern der Eindruck erweckt wurde, dass es sich bei Pensionen um Sozialleistungen handle. Das ist aber nicht so. Pensionen sind Versicherungsleistungen, für die jeder zwangsweise Beiträge bezahlt.

 

Der Nebel verdeckt das eigentliche Problem, das in einem seit Jahrzehnten gepflegten Widerspruch in der Gesellschaftspolitik besteht. Der größte Teil der Niedrigstpensionen, die überproportional angehoben werden, entfällt auf Frauen. Nun ist es aber so, dass die Österreicherinnen bei erfolgreichen Bildungsabschlüssen die Nasen vorne haben. Sie stellen den größeren Teil der Maturanten, und seit einigen Jahren schließen auch mehr Frauen als Männer erfolgreich ein Hochschulstudium ab. Das wären also beste Voraussetzungen für erfolgreiche Erwerbskarrieren. Dennoch sind die Frauenpensionen im Schnitt halb so hoch wie jene der Männer, Tendenz weiter sinkend. Wieso?

 

In den ersten Jahren nach dem Berufseintritt passiert etwas. Die Frauen verschwinden zusehends aus den Berufsstatistiken und kehren entweder gar nicht mehr oder unter den Teilzeitbeschäftigten wieder. Man könnte sagen, dass Frauen eben neben dem bisschen Haushaltsführung lieber Tennis spielen als sich hinter einen Schreibtisch zu klemmen. Mag sein. Eher wahrscheinlich ist, dass sie gar keine Wahl haben. In ganz Österreich hinkt die institutionalisierte Betreuung von Kindern nach wie vor hinter dem Bedarf her. Wer die Kinderbetreuung und eventuell die Haushaltsführung selbst organisieren will, muss, um sich das leisten zu können, wirklich gut verdienen. Der Aufwand dafür kann steuerlich nicht geltend gemacht werden. Er wird vom Staat als Privatvergnügen angesehen.

 

Die öffentliche, qualitativ hochwertige und leistbare Kinderbetreuung ist also nicht gut genug ausgebaut, und die private ist zu teuer. Daher können viele Frauen nur in Teilzeit oder gar nicht arbeiten, auch wenn sie das anders wollten.

 

In einem Managementhandbuch wurde die Methode Ziele vorzugeben und gleichzeitig die Mittel zu verweigern scherzhaft als Management by Terror bezeichnet. Soweit würde ich in diesem Fall nicht ganz gehen.

 

Autorin:

Helga Tomaschtik

Mag. Helga Tomaschtik

Zeit fokussierter Unintelligenz

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