Es gab also wieder einen Banken-Stresstest. Das Ergebnis war für die heimischen Banken erwartungsgemäß recht schlecht. Die Raiffeisen Zentralbank, Flaggschiff des weit gespannten Konzerns unter dem Giebelkreuz, landete an vorletzter Stelle. Die Aufregung war groß, die Kursstürze an der Börse fielen alarmierend aus.
Beides hätte man sich sparen können. Die Energie, die für Rechtfertigungen und Erklärungen verwendet werden musste, wäre besser zu investieren gewesen. Die Aussagekraft des Stresstest ist stark überbewertet. Im Vorfeld des Tests – bei Festlegen der Bedingungen – wird heftig lobbyiert. Jedes Land möchte die Bedingungen tunlichst so abgefasst haben, dass die eigenen Banken gut aussteigen. Dieser Versuch ist durchaus legitim. Weil nicht alle Länder gleich geschickt und mit der gleichen Verve an das Thema herangehen kommt es zwangsläufig zu Verwässerungen und Verwerfungen. So wurde beim jüngsten Test für Osteuropa das Katastrophenszenario eines Wirtschaftseinbruchs im zweistelligen Prozentbereich angenommen. Diese Aufgabenstellung traf die RZB, die gut im Osten verankert ist, hart.
Weiters stellt das Ergebnis des Tests eine historische Momentaufnahme dar,
die im Zeitpunkt der Publikation veraltet ist. Die Aufgabenstellung wurde Ende des vergangenen Jahres formuliert. Umstrukturierungen, die Institute danach umsetzten oder in Planung nahmen, wurden nicht berücksichtigt. Von einem Brexit war damals noch keine Rede, weshalb er im Stresstest auch nicht vorkommt. Die politischen und wirtschaftlichen Eliten gingen fast geschlossen von einer Niederlage der Brexiteers aus. Das Votum ging gegen alle Vorhersagen aber anders aus. Es ist unbestritten, dass dieser Austritt enorme Auswirkungen auf den internationalen Finanzsektor haben wird. Aber leider: Im Stresstest ist davon nichts zu lesen.
Dennoch wird jedes Wort des Testergebnisses als bare Münze genommen und so dem ohnehin schon angeschlagenen Image der Banken noch einmal eines draufgesetzt. Über viele Jahrzehnte wurden Banken bewundert und von Gesetzgebern gehätschelt. Das war vielleicht übertrieben. Ebenso realitätsfremd ist es, die Institute für jedes wirtschaftliche Übel auf der Welt verantwortlich zu machen. Banken machen sicher nicht immer alles richtig. Aber sie haben es auch nicht leicht, weil sie sich gerade neu erfinden müssen. Da wäre konstruktive Kritik hilfreich, aber kein wildes Banken-Bashing.
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik