Das Kreuz mit dem Kreuz

Ist das Kreuz im Klassenzimmer oder im Gerichtssaal gleich viel wert wie das Kopftuch, das das Haupt der moslemischen Mitbürgerin bedeckt? Ist die Vollverschleierung ein Grundübel im Umgang mit Frauen oder Ausdruck höchster gelebter Religiosität? Verletzt das Kreuz das Neutralitätsgebot, das sicherstellen soll, dass der Staat verpflichtet ist, religiös oder weltanschaulich neutral aufzutreten?

Unversehens und wahrscheinlich auch ungewollt hat die Regierung eine Wertediskussion angerissen und sich neben vielen ungelösten Aufgaben noch eine weitere aufgehalst. Und noch dazu eine außerordentlich anspruchsvolle, die nicht im Vorbeigehen mit ein paar Erlässen erledigt werden kann. Die jahrzehntelangen Debatten zwischen links und rechts, wie der Mensch zu Glück und Erfolg geführt werden kann, nehmen sich neben diesem Thema geradezu wie Fingerübungen aus. Denn die von linken und rechten Parteien waren zwar unterschiedlich. Das Ziel, Wohlstand und Zufriedenheit für möglichst alle, war aber das gleiche. Nun hat also das jüngste Regierungsübereinkommen das Ringen um die Frage des Stellenwerts von Religionen in der Gesellschaft befeuert. Es ist festgemacht an den leicht fassbaren und sichtbaren Symbolen Kreuz und Kopftuch.

Ob die Regierung gewusst hat, welche Diskussionsdimension sie da anreißt, weiß ich nicht. Es fehlt mir der Kommunikationsplan, die durchgängige und nachvollziehbare Information und Argumentation. Unversehens kam man in die Defensive. Dabei ist es grundsätzlich in Ordnung zu sagen, zu sagen, dass man ein bestimmtes Verhalten will und ein anderes Verhalten klar ablehnt.

Ausgehend vom Burkaverbot steht nun die Klärung wirklich grundsätzlicher Fragen an. Führt der Weg vom Neutralitätsgebot direkt zum Laizismus oder bleiben wir Teil des sogenannten christlichen Abendlandes? Die Antwort ist schwierig, weil damit plötzlich auch die Trennung von Staat und Religion zur Disposition steht. Nahezu alle Christen stimmen dieser Trennung zu. Für sie ist Religion Privatsache. Viele Moslems haben hingegen ein ganz anderes Religionsverständnis. Für sie muss ihre Religion auch im politischen Leben eine Rolle spielen. Wie gehen wir damit um? Werden wir nicht nur die Burka aus dem öffentlichen Leben verbannen, sondern auch die Kreuze? Eine solche Diskussion unvorbereitet vom Zaun zu brechen ist unprofessionell und gesellschaftspolitisch gefährlich.

Autor:

Christian Lang_LangTomaschtikCommunications

Dr. Christian Lang

Das Kreuz mit dem Kreuz

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