Verschwörungstheorien können für den Rezipienten durchaus etwas Feines und Unterhaltsames sein. Sie sind auf einmal da. Niemand weiß, wer sie in die Welt gesetzt hat, und die Informationskette ist auch niemals wirklich bis zu ihrem tatsächlichen Urheber zurückzuverfolgen.
Im Gegensatz zu ihrem kleinen Geschwisterchen, dem Gerücht, ist die Verschwörungstheorie aber nicht wirklich bösartig. Sie kann – mit einem leichten Augenzwinkern – als aufklärerisch bezeichnet werden, weil sie Licht in eine dunkle Sache bringen will oder Wahrheiten aus dem Verborgenen hervorholen soll. Jedenfalls ist sie sensationslüstern. Je unwahrscheinlicher, desto wahrer in den Augen ihrer Vertreter, könnte man sagen. Das Ungewisse bei der Verschwörungstheorie liegt immer darin, dass an ihrem Inhalt doch irgendwo ein ganz kleines Körnchen Wahrheit dabei sein könnte. Wo dieses kleine Quäntchen jedoch anzusiedeln ist – das vermag niemand zu sagen. Eine gute Verschwörungstheorie ist so konstruiert, dass möglichst viele Menschen ihr ganz persönliches Körnchen Wahrheit irgendwo in ihr wieder finden. Dann ist sie top, denn so ist sie verbreitungsbereit und widerlegungsresistent.
Die Europäische Union ist ein guter Nährboden für Verschwörungstheorien. Viele Institutionen, widerstreitende Interessen – da fällt es leicht, Verschiedenes zu konstruieren. Nehmen wir einmal die beschlossene Einstellung der Ausgabe des EUR 500-Geldscheins. In ihr den ersten Schritt zur Abschaffung des Bargelds zu sehen. ist ebenso legitim wie diese Vorgehensweise unter dem Titel Schwarzgeldbekämpfung zu subsumieren. Was man darüber hinaus noch hört, hat das Zeug zur skurrilen Verschwörungstheorie. Wie etwa die Ansicht, dass damit die Lagerkosten für Bargeld in die dieselbe Höhe von eventuell bald europaweit zu bezahlenden Negativzinsen für Spareinlagen getrieben werden sollten.
Was bedeutet jetzt die Zahl 888,88?
Wenn Sie von jeder Euro-Banknote einen Schein nehmen und von jeder Euro- und Cent-Münze ebenfalls ein Stück, dann ergibt das die Summe von EUR 888,88 für einen Satz unseres Geldes. Ob es Verschwörungstheorien sind oder nicht, die sich rund um die Abschaffung des 500ers ranken– die einzige Gewissheit steht fest: Es bleiben nach Abschaffung des violetten Scheins nur mehr EUR 388,88 zur Verteilung in unseren Geldbörseln über. Und das ist definitiv nichts als die Wahrheit.
Autor:
Dr. Christian Lang