Der Wettbewerb für die in etwas mehr als drei Wochen stattfindende Wahl zum Nationalrat ist in vollem Gang. Alle Parteien haben ihre Programme, also ihre Vorstellungen zur Gestaltung der politischen Agenda für die nächste Legislaturperiode zu Papier gebracht und publiziert. Im Grunde genommen würde es die Wahlveranstaltungen und gesellschaftlichen Auftritte gar nicht brauchen. Sie sind für die Protagonisten ohnehin unmenschlich kräfteraubend. Und uns Wähler lenkt die Show vom Wesentlichen ab, nämlich vom Inhalt der Programme.
Als Basis für die Meinungsbildung sollte man also die Lektüre der Parteiprogramme heranziehen. Ich bin eine Leserin derselben. Selbstverständlich widme ich mich sehr intensiv jenen Kapiteln, die ich für besonders wichtig halte oder von denen ich etwas zu verstehen meine. Dazu zählen alle auf die Wirtschaft bezogenen Themen, von denen ja nicht alle für Festzeltreden geeignet sind. Wie zum Beispiel der Kapitalmarkt; oder wie man gedenkt produzierende und zukunftsbezogene Unternehmen ins Land zu holen und zu halten. Die kommen und bleiben nicht von selber, oder weil man hier Schifahren, Kitesurfen und in die Oper gehen kann. Sie entscheiden nach wirtschaftpolitischen Rahmenbedingungen.
Ausbildung und Bildung halte ich ebenfalls für außerordentlich wichtig. Schulen und Universitäten können gar nicht gut genug sein. Also lese und analysiere ich und könnte auf dieser Grundlage eine Entscheidung treffen. Ich könnte, wenn die Programme nicht bestenfalls nur die halbe Miete wären. Wahrscheinlich sind sie nicht einmal das, sondern Makulatur. Denn nach der Wahl wird keine der werbenden Parteien genügend Stimmen gesammelt haben, um eine stabile Alleinregierung zu bilden. Es wird eine Koalitionsregierung werden, wie in den vergangenen Jahrzehnten. Und daher wird keines der Parteiprogramme auch nur annähernd umgesetzt werden. Es wird Kompromisse geben. Wie diese aussehen werden, kann nicht einmal erahnt werden.
Damit sind die Wähler in der misslichen Lage, eine Entscheidung treffen zu müssen, ohne deren Tragweite zu kennen. Die Wahl ist keine Wahl im Wortsinn, sondern eine Mogelpackung. An manchen Tagen wünsche ich mir ein Mehrheitswahlrecht. Die an Stimmen stärkste Partei soll regieren. Deren Wahlprogramm hebe ich mir dann fünf Jahre lang auf.
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik