Das amerikanische Volk hat an der Wahlurne gesprochen. Und es wurde ein Trump daraus. Genauso wie das britische Volk gesprochen hat und ein Brexit daraus wurde. Die Muster ähneln einander. Es gibt eine demokratische Entscheidung und die wollen dann so manche nicht zur Kenntnis nehmen. Denn ähnlich den Demonstrationen nach dem Brexit gehen mittlerweile in mehreren Großstädten der USA Menschen auf die Straße, um zu bekunden, dass Donald Trump nicht ihr Präsident sei.
Gut, die Briten entschieden in einer Volksabstimmung darüber, dass sie die EU verlassen wollten und cancelten nicht nur ihre Mitgliedschaft, sondern setzten möglicherweise mit ihrem Votum auch das gesamte Vereinigte Königreich aufs Spiel. Wer weiß? Aber initiiert wurde der ganze Schlammassel von Leuten, die auf Grund ihres durch Mehrheitswahlrecht errungenen Mandates zwar von ihrem Wahlkreis nach Westminster entsandt wurden, möglicherweise aber gar nicht mit dem ausgestattet sind, was wir eine absolute Mehrheit nennen. In den Vereinigten Staaten wiederum könnten rein rechnerisch knapp 29% aller Stimmen genügen, um via Wahlmännerentscheid in das Amt des Präsidenten gewählt zu werden. Dass die Kandidaten mit dem höheren Stimmenanteil nicht gewonnen haben, ist ja in den letzten 16 Jahren bereits zweimal passiert.
Mir liegt nichts ferner, als auf andere mit dem Finger zu zeigen. Mir geht es um das eigene Selbstverständnis. Denn Mehrheitswahlrecht versus Verhältniswahlrecht – das ist seit zwei Jahrzehnten eine in unseren Breiten gern geführte Diskussion. Müde von unserer Form der Demokratie und der dabei praktizierten Mandatsverteilung wird in den angloamerikanischen Raum geschielt, da hier noch satte Mehrheiten und damit klare Verhältnisse zustande kommen. Gerade die letzten Wahl- und Abstimmungskampagnen in Großbritannien und den USA sollten uns aber zu denken geben und unserem Verhältniswahlrecht, mit dem die Mitsprache vieler Gruppen sichergestellt wird, mit etwas mehr Demut gegenüber treten lassen. Und uns zufrieden mit unseren Errungenschaften der Demokratie sein lassen – wer will, darf natürlich auch ein bisschen stolz darauf sein – die es ermöglichen, dass das Parlament eine breite Interessensvertretung ist und dass Beschlüsse immer noch auf einer absoluten Vertrauensmehrheit zum Zeitpunkt der Wahlentscheidung basieren müssen.
Autor:
Dr . Christian Lang