Wir kennen die Situation: eine lange und angeregt geführte Diskussion, die Argumente prallen aufeinander, am Ende stehen einander zwei Seiten gegenüber. Es gilt, eine Entscheidung zu treffen. „Ja“ oder „Nein“? „Dafür“ oder „Dagegen“? Wer auf den Kompromiss drängt, gilt als Weichei. Das „Ja, aber ….“ – hat es ausgedient? Nun, es liegt im Wesen einer Entscheidung, dass man ja oder nein zu sagen hat, dass man am Ende eines Diskussionsweges zu einer Entscheidung kommen muss. Aber nicht alles im Leben ist eine Stichwahl, nicht alles im Leben kann schwarz oder weiß gesehen werden.
Unterschiedliches Grau
Gerade bei einer Entscheidungsfindung kommt es auf die Zwischentöne und die Schattierungen an. Wenn wir bei schwarz und weiß bleiben wollen, dann wird es wohl so sein, dass das Leben wohl aus vielerlei unterschiedlichen Graustufen besteht. Nur wenn wir diese Grautöne beachten und respektieren, dann erhalten wir uns in der Gemeinschaft die Möglichkeit für Reflexion, Respekt, Verständnis, Kompromiss und Weiterentwicklung.
Und dennoch benötigen gerade die Medien das Weiß und das Schwarz. Medien müssen kontroversiell berichten, sie müssen Stories plakativ aufbereiten, um Aufmerksamkeit zu erregen. Die PR muss daher ihre Botschaften ebenfalls entsprechend verpacken, damit sie bei den Medien Gehör findet. Die Diskussion über die unterschiedlichen Graustufen findet allerdings im Vorfeld statt, davon erfährt der Leser, Hörer oder Zuseher nicht allzu viel. Im Medium selbst bleibt meist nur wenig Platz für hintergründige Diskussion aller Für und Wider eines Themas. Das trägt natürlich zur Polarisierung bei. Denn jeder von uns kann sich über ein bestimmtes Thema mit Hilfe des Internet seine ganz eigene Meinung bilden – und will diese von den Printmedien, von Radio und Fernsehen bestätigt bekommen.
Ich wurde einmal gefragt: „Sagen Sie mir bitte, warum schreiben die Medien nie die Wahrheit!“ Ich habe kurz geschluckt und dann folgenden Vergleich versucht: „Was bekommen Sie vor Gericht: Gerechtigkeit oder Recht? Sie müssen sich also die Frage stellen, was Sie von den Medien bekommen wollen: Wahrheit oder Information.“ Wie wir alle wissen, liegt Wahrheit – ebenso wie die Schönheit – immer im Auge des Betrachters.
Autor:
Dr. Christian Lang