So oder so werden wir bald Zeugen eines Wahlkampfes sein. Und der wird spannend. Wirklich. Das tatsächlich Aufregende an Wahlkämpfen ist die Verwendung von Begriffen und der Kontext, in den sie gestellt werden. Bürokratieabbau, Strukturreformen, Stabilität, Wachstum, Lohnnebenkosten, Leistungsträger und vieles mehr.
Alle diese Begriffe sind ideologisch aufgeladen. Ihre Bedeutung hängt von den Standpunkten des Senders und des Adressaten ab. Auf Deutsch: Jeder versteht, was er verstehen will. Das macht sie so herrlich flexibel verwendbar. Die Verwendung der Worte vernebelt Absichten und Möglichkeiten. Im Nachhinein lässt sich immer argumentieren, dass die Pläne offen auf dem Tisch lagen und lediglich missverstanden wurden.
Dahinter steht das in der öffentlichen Diskussion vernachlässigte Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft. Die repräsentative Demokratie und die soziale Marktwirtschaft vertrugen sich hervorragend. Die Wirtschaft sorgte für Produktivitätsfortschritte, die durch politischen Willen im Großen und Ganzen gleichmäßig auf alle Bevölkerungsgruppen aufgeteilt wurden. Der Neoliberalismus und die Demokratie passen nicht so gut zusammen. Im Grunde genommen sind sie unvereinbar. Viele neoliberale Wirtschaftswissenschaftler schreiben darüber ganz offen. Zum Beispiel Milton Friedman: „A democratic society, once established, destroys a free economy.“
Spätestens seit der Umsetzung der Agenda 2010 des früheren deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder sind auch in Mitteleuropa neoliberale Wirtschaftsstrukturen etabliert. Österreich gehört zu diesem System, ob uns das passt oder nicht. Systeme, und seien sie auch noch so fest zementiert, sind veränderbar. Daher können Wählerinnen und Wähler einen Wahlkampf zum Anlass nehmen, um große Worte zu hinterfragen.
Vielleicht taucht im kommenden Wahlkampf sogar das „bedingungslose Grundeinkommen“ auf, ein Konzept, das jedem, egal ob erwerbstätig oder nicht, ein Auskommen verschafft und vom Stress der Arbeitslosigkeit oder überhaupt der Notwendigkeit zur Arbeit befreit. Das ist die eine Lesart. Eine andere, neoliberale, ist, dass dieses Grundeinkommen elegant die Zahlungsverpflichtungen der wirtschaftlichen Eliten reduziert. Mit einem Schlag werden Transferleistungen und an Personen gebundene Förderungen obsolet. Pensionen, die eine Versicherungsleistung sind, könnte man auch gleich fallen lassen. Unter dem Strich würde es für die Eliten billiger.
Es wird also ein wirklich spannender Wahlkampf, mit viel Stoff für offene Diskussionen.
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik