Warum haben die von Harvey Weinstein belästigten Frauen so lange geschwiegen? Jetzt plötzlich melden sich Tausende unter dem hashtag #metoo und berichten, dass es weltweit vor Weinsteins geradezu wimmelt, in politischen Zirkeln, bei Behörden, in Medien- und Kulturbetrieben.
Dass die Belästigungen gerade jetzt ans Licht kommen, hat viel mit Machtverhältnissen zu tun. Wenn eine einzige Frau die Belästigung durch einen Vorgesetzten oder potenziellen Auftraggeber publiziert, ist das politisch korrekt und gesellschaftlich wünschenswert, für die eigene Karriere aber mit Sicherheit fatal. Es ist nicht nur die eine Beförderung oder der eine Auftrag weg, sondern das gesamte berufliche Fortkommen steht auf dem Spiel. Es steht Aussage gegen Aussage und im Extremfall alle gegen Eine. Sobald sich viele beschweren, geraten die Machtverhältnisse ins Rutschen. Viele Frauen können nicht so leicht ausgegrenzt werden wie eine einzelne. Die Gruppe macht stärker.
Die Affäre um Weinstein und seine Verwandten im Geist zeigt brutal wie sehr die Gesellschaft noch immer von Machtspielen geprägt ist. Sich zu erlauben, was man sich erlauben kann, auch wenn es gegen jede moralische Regel verstösst, gilt als Kavaliersdelikt. Das ist nicht wünschenswert, aber Realität. Machtspiele auf anderer Bühne sind politische Koalitionen und Regierungsverhandlungen, die diesen vorausgehen. In Österreich und in Deutschland dürfen wir diese Verhandlungen gerade miterleben. Die Erfahrung der ÖsterreicherInnen mit Koalitionsregierungen war in den vergangenen Jahren fast durchwegs negativ. Es ging nichts weiter. Die Regierung war durch Machtspiele gelähmt. Bestenfalls gab es faule Kompromisse, aber gewiss keine zukunftsweisenden Entscheidungen. Die Erwartungen der Österreicher dürften deshalb auch einigermaßen gedämpft sein. Das ist durchaus praktisch. So erspart man sich Enttäuschungen.
Ganz von der Hand zu weisen ist die Chance auf Fortschritte jedoch nicht. Es könnte ja sein, dass die künftige Regierung ein oftmals erprobtes Erfolgsrezept für sich entdeckt. Die Umsetzungschance von Projekten wird immer von der Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten beflügelt. Kooperation statt Kampf. Noch dazu beflügeln flott erzielte Resultate die künftige Teamarbeit. Erfolgserlebnisse heben die Stimmung und die Arbeitslaune. Es ist ja nicht verboten an der Arbeit Spaß zu haben, nicht einmal in der Politik.
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik