Recht haben

Kennen Sie sich bei CETA und TTIP aus? Wissen Sie, welche Auswirkungen die Abkommen mit sich bringen werden und ob Sie gegen oder für eines oder beide Freihandelsverträge sein sollen? Nein? Wenn das so ist, gehören Sie einer gefühlten überwiegenden Mehrheit an.

Über CETA, das Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada, und TTIP, ein umfassendes Vertragswerk für die Regelung der wechselseitigen Wirtschaftsbeziehungen von EU und USA, werden seit Jahren verhandelt. Und seit Monaten wird bis in die höchsten Spitzen der Politik wild gestritten. Was einst unbedingt gewollt war wird jetzt, zurückhaltend ausgedrückt, stark in Frage gestellt. Interessenvertretungen und politische Parteien haben ihre Meinung gebildet und überziehen die zunehmend verwirrte Öffentlichkeit je nach Standpunkt mit grauslichen Zukunftsvisionen voll von abartig niedrigen Qualitäts- und Sozialstandards, grassierender Arbeitslosigkeit bis zur Verelendung, oder einem rosaroten Zukunftsbild, in dem  der freie Austausch von Gütern und Dienstleistungen den Wohlstand aller befördert. Gegner und Befürworter verwenden die jeweils zu ihrer Linie passenden Argumente samt häppchenweiser Veröffentlichung von Vertragspapieren.

Das große Ganze wird allerdings unter Verschluss gehalten

Die Öffentlichkeit, also die Bürger, haben Besseres verdient. Denn immerhin betreffen diese Vertragswerke mehr als eine Milliarde Menschen. Eine fundierte Meinungsbildung ist auf Basis von Inhaltsstückchen nicht möglich, noch dazu wenn diese mit Polemik gewürzt sind. Da muss schon etwas mehr her. Das ist zugegebenermaßen eine nicht ganz einfach zu erfüllende Forderung. Internationale Verträge dieser Dimension werden von riesigen Expertenteams über Jahre verhandelt. Hunderttausende Seiten von Positionspapieren, Vorschlägen und Änderungswünschen werden diskutiert, verworfen und wieder neu formuliert. Eine vollständige Kommunikation dieses Vorganges ist auch nicht wünschenswert, zumal manche Formulierungen lediglich für Stunden oder Tage Gültigkeit besitzen.

Wünschenswert und notwendig ist jedoch die zusammenfassende Publikation der Inhalte und dort, wo diese noch nicht ausverhandelt sind, der Anforderungen und Ziele. Kommuniziert werden muss auch eine profunde Analyse der Auswirkungen der Verträge. Damit sich jeder, der das möchte, eine Meinung bilden kann, die als Fundament für intelligente Diskussionen taugt. Denn sonst, in dem gegenwärtigen Gemurkse aus Teilwahrheiten, geht es am Ende nur um Eines: Um das Recht haben!

Autorin:

Helga Tomaschtik

Mag. Helga Tomaschtik

Recht haben

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