Fast fünf Monate dauert er nun schon – der Bundespräsidentschaftswahlkampf in Österreich. Zu Beginn standen noch sechs Kandidaten zur Wahl, die durchaus Hoffnung zur Themenvielfalt aufkommen ließen. Und dennoch hat zu Beginn die Diskussion welcher Kandidat welche Bundesregierung angeloben würde den Wahlkampf dominiert. Schade! Aber zumindest im zweiten Wahlgang gibt es nunmehr einen Aufreger!
Nein, es geht nicht um Inhalte. Es geht darum, wie die beiden verbliebenen Kandidaten am vergangenen Wochenende in der Fernsehdiskussion des Senders ATV miteinander umgegangen sind. Das Format war neu, es gab eine Diskussion ohne Moderator, wie man bald erkennen konnte, eine Idee mit höchstem Unterhaltungswert. Die beiden Herren blieben sich selbst überlassen. Dass das nicht unbedingt zu ihrem Vorteil gereichen sollte, konnte man bald auch mit ungeübtem Auge erkennen.
Die Diskussion war jedenfalls ein herrliches Praxisbeispiel für jeden Kommunikationstrainer. Wann gelingt Kommunikation? lautet da eine der ersten Lehreinheiten. Senden, empfangen, der klare Inhalt und das Zuhören sind dabei einige der Grundbegriffe. Die in der Diskussion übrigens peinlich genau vernachlässigt wurden. Ich bin sicher, dass Beiträge daraus in den nächsten Monaten, vielleicht sogar Jahren, jedes Kommunikationstraining bereichern werden.
Denn schon der Anfänger lernt dort, dass wir uns nicht nur mit unseren Worten mitteilen. Mimik und Gestik sind ebenso Kommunikationsmedien wie die Sprache. Es wäre daher schon interessant zu wissen, ob Herr Van der Bellen als Bundespräsident in einer sensiblen Diskussion um die Menschenrechte seinem türkischen Gegenüber Erdogan auch irgendwann den Scheibenwischer zeigen würde, oder ob Herr Hofer bei einem Gespräch mit dem russischen Staatschef ebenfalls in verächtliches Grinsen verfallen würde, wenn er mit einer der Aussagen Putins nicht ganz so glücklich ist.
Was wir aus der Diskussion lernen können? Dass die angeblich so toll geschulten Politiker auch ganz leicht aus der Fasson zu bringen sind, dass, wenn es um etwas geht, und das tut es ja bei der Bundespräsidentenwahl, die Nerven blank liegen und auch höchste und sehr erfahrene Politiker auf das reduziert werden, was sie sind – Menschen mit ihren Stärken und Schwächen!
Gerade Politiker sollten aber eines können – kommunizieren!
Autor:
Walter Gröblinger