Umfragen spielen in Wahlkämpfen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Der Wiener Wahlkampf vom vergangenen Herbst zum Beispiel wurde von Umfragen entschieden. Vor allem von jenen, die der FPÖ einen fulminanten Aufschwung, wenn nicht sogar den Sieg, voraussagten. Wie wir wissen kam alles ganz anders.
Derlei spielt sich auf nationaler und internationaler Ebene oft ab. Umfragen prognostizieren ein bestimmtes Wahlergebnis – und dann tritt das Gegenteil ein. Auch den Umfragen, die jetzt zu den Wahlen des Bundespräsidenten und des amerikanischen Präsidenten kursieren, wird das gleiche Schicksal beschieden sein. Was ist los mit den Umfragen? Lügen Sie? Sind sie ein schlechtes Instrument?
Die Antwort ist: Nein, sie lügen nicht, und sie sind ein sehr hervorragendes Instrument. Sie wirken lediglich anders, als wir uns das vorstellen. Wir glauben, dass Umfragen das Wahlverhalten vorhersagen. In Wahrheit prognostizieren sie ein Wahlverhalten unter der Annahme, dass die Haltung der Wähler vom Zeitpunkt der Umfrage bis zum Wahltag unverändert bleibt. Somit sind sie eine Handlungsanweisung für wahlkämpfende Akteure.
Was können Umfragen wirklich?
In Wien brachten Umfragen, die Strache ganz vorne sahen, Funktionäre der SPÖ zu motivatorischen Höchstleistungen. Zudem trieben sie Nichtwähler zu den Urnen und animierten Anhänger von ÖVP und den Grünen zu einem taktischen Verhalten nach dem Motto: Wir wollen Strache nicht und wählen daher Häupl.
Die Umfragen waren also eine kommunikative Meisterleistung. Im Prinzip haben alle Umfragen im Vorfeld von Wahlen die gleiche Funktion: Sie sollen ein gewünschtes Ergebnis herbeiführen und ein unerwünschtes verhindern. Das gilt für Österreich, für die USA und für jeden anderen demokratisch organisierten Staat.
Daher sind vorwahlkämpferische Studien auch anders zu deuten. Wesentliche Informationen, aus denen fundierte Schlüsse zu ziehen sind, sind der Zeitpunkt der Veröffentlichung sowie der Auftraggeber. Diese Eckdaten eröffnen im Zusammenspiel mit dem Ergebnis der Umfrage einen wunderbaren Ausblick auf künftige Ereignisse. Partei X publiziert drei Wochen vor der Wahl eine Umfrage wonach Partei Y gewinnen wird. Machen Sie es sich in ihrem Lieblingssessel bequem. Sie können jetzt erste Reihe fußfrei den Funktionären von X zuschauen wie sie beim Wahlkampf Tempo machen.
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik