Seit der Satz „ich hole mir, was mir zusteht“ mehrmals täglich aus diversen Druckwerken herausspringt, fürchte ich mich ein bisschen. Was passiert, wenn der Satz so verstanden wird, wie er eigentlich dasteht: als Aufforderung sich etwas einfach zu nehmen, wenn man meint, es bestünde darauf ein Anrecht? Was ist, wenn dann jemand meint, meine Handtasche sollte eigentlich ihm gehören? Vielleicht geht es mir dann wie einer lieben Freundin. Als in der stillen Schwindgasse der Handtaschenräuber auf sie traf, erinnerte sie sich an den absolvierten Kurs im Kickboxen und entging nur knapp einer Anklage wegen Körperverletzung.
Das Anspruchsdenken ist ohnehin weit verbreitet, was womöglich damit zusammenhängt, dass wir alle ständig zu kurz kommen. Es sind immer die anderen, die im Eissalon in den Genuss der letzten Portion Nougateis kommen oder gerade eben noch die U-Bahn erwischen. Es sind auch die anderen, die prompt versagen, wenn es um unser Lebensglück geht. Sie erscheinen nicht zum Tennis, obwohl sie es versprochen haben. Genauer gesagt, sie erscheinen, aber so spät, dass man bereits fest überzeugt ist, sie würden nicht kommen. Selber war man 20 Minuten früher da. Es war zwar nicht ausgemacht mit Vorlauf einzutreffen, aber so knapp musste es doch auch wieder nicht sein, nicht wahr?
Mit Erwartungen umzugehen ist eben schwierig, vor allem, wenn es sich um die eigenen handelt. In die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit passt locker ein mittleres Universum. Vollends vertrackt wird die Situation, wenn man, nur mal als Gedankenexperiment, versuchte die möglichen Erwartungen anderer in die Überlegungen einzubeziehen. Das führt ins Chaos. Schon allein deswegen, weil alle anderen über ihre alltäglichen kleinen Routineerwartungen nicht sprechen. So wie man selbst es auch nicht tut. Weil es banal ist zu fragen: „Kommst Du eigentlich knapp vor dem Tennismatch oder bist Du ein Early Bird?“ So ein Satz könnte auch den Eindruck hervorrufen man litte an einem Kontrollwahn.
Tröstlich ist, dass es häufig völlig Unbekannte sind, die mitdenken. Dann zum Beispiel wenn man frühmorgens nach dem Lichtschalter tastet und das Licht tatsächlich angeht. Heureka!
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik