Wir leben in Wendezeiten, das ist uns schon seit längerem klar. Was gestern sicher war, ist heute ungewiss. Was morgen ist, weiß keiner – und vor allem weiß niemand, wann dieses „morgen“ Wirklichkeit wird. Die Abstände, in denen sich alle vermeintlichen Gewissheiten drehen, werden immer kürzer. Beinahe jeden Tag sind wir mit neuen Technologien konfrontiert. Aber die Bewertung der Auswirkungen dieser Wendezeit ist eine diffizile Angelegenheit. Das Pendel bewegt sich zwischen Panik, dem in Österreich wohlbekannten „Wird schon nicht so schlimm werden“ und gelassener Gleichgültigkeit.
Nehmen wir einmal als Beispiel den Kampf um den sicheren Arbeitsplatz. Wer eine Hochschulbildung abgeschlossen hatte, fühlte sich bislang sicher bis in alle Zeiten. Facharbeiter waren auch immer gefragt. Probleme bekamen nur die Minderqualifizierten. Das galt vor drei Jahren noch als unumstößliche Gewissheit. Nun, die rasante Entwicklung der Technologie macht´s möglich, dass alle diese Sicherheiten über den Haufen geworfen werden. Roboter, die Autos zusammen bauen, gibt es ja schon längere Zeit. Aber Maschinen, die auch Juristen – natürlich nur in verschiedenen Spezialbereichen – ersetzen können? Das ist eine neue Erfahrung. Und nur ein Beispiel von vielen. Niemand darf sich mehr sicher fühlen. Die Verschränkungen sind offensichtlich. Wer heute durch technologisch mögliche Lösungen das Bargeld abschaffen will, vernichtet nebenbei tausende Arbeitsplätze.
Schlimm? – Nein! Illegitim – Nein!
Was dann? Einfach unangenehm? Wir wissen, dass der Fortschritt nicht aufzuhalten ist. Erschreckend ist die Rasanz, in der diese Entwicklungen voran gehen.
Ob alles tatsächlich so kommen wird, weiß niemand. Das ist auch nicht wichtig – wichtig ist sich darauf einzustellen, dass die Zukunft anders sein wird als die Gegenwart. Rezepte die heute wirken, werden später nutzlos sein.
Wenn wir unsere heutigen Lebens- und Gesellschaftsentwürfe fortschreiben, könnte es eines Tages sein, dass viele Menschen eine Menge Freizeit haben, aber kaum mehr Geld besitzen, um diese sinnvoll zu gestalten; oder die vielen verlockenden Waren und Dienstleistungen, die die Wirtschaft produziert hat und anbietet, zu kaufen. Also müssen wir uns bewegen und rechtzeitig passende Rezepte für mögliche Zukünfte entwickeln; nicht nur für ein einziges Szenario. Das wäre zu eng gedacht.
Autor:
Dr. Christian Lang