Es ist doch immer wieder erstaunlich. Kaum ist für eine Partei der Sprung aus der Opposition in die Regierung geschafft, stellt sich die Welt auf den Kopf. Was früher unter „das geht gar nicht“ fiel, ist jetzt State of the art. Plötzlich ist alles ganz anders. Der Meinungsumschwung geht ganz schnell vonstatten und ist immer radikal.
Der neuen Regierungspartei FPÖ, die in den Jahrzehnten der Opposition lieber heute als morgen die direkte Demokratie als Instrument der täglichen Regierungsarbeit eingeführt gesehen hätte, ist es plötzlich damit gar nicht mehr so eilig. Egal wieviel 100.000 Menschen für Don´t smoke unterschreiben. Einen Wählerentscheid soll es nicht vor 2021 geben. Oder die Um- und Neubesetzungen im staatlichen und staatsnahen Bereich. Für die Opposition sind diese Vorgänge grauenhaft und unter gar keinen Umständen zu akzeptieren.
Es ist auch schon eine Weile her, dass derlei geschehen ist. Umfärbungen gab es zuletzt 2006, als eine schwarz-blaue Regierung von einer rot-schwarzen abgelöst worden ist. Positionen wurden damals flugs gemäß der neuen politischen Farbenlehre besetzt. Jetzt geht es also wieder in die andere Richtung.
Plötzliche Meinungswechsel einer neuen Regierungspartei bzw. bei deren Proponenten sind keine österreichische Besonderheit. Joschka Fischer, wortgewaltiger Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, wird das Zitat „Auch Grüne müssen die Realität der Politik anerkennen“ zugeschrieben. Immerhin musste Fischer einen weit greifenden Sozialabbau und militärische Einsätze Deutschlands im Kosovo und in Afghanistan mitverantworten.
Auch für eine Regierung bestimmt eben der Standort den Standpunkt. Ein Staat steht nicht für sich allein da. Er ist in internationale Verträge und Verpflichtungen eingebunden und muss sich dementsprechend verhalten. Ob das einzelnen Ministern passt oder nicht. Eine Regierung muss sich auch im Inneren einen für das Regieren notwendigen möglichst großen Handlungsspielraum verschaffen. Dazu gehört auch der Einfluss auf Bundesbeteiligungen und staatliche Infrastrukturen wie eben eine staatliche Bahngesellschaft.
Der Job der Opposition ist es, der Regierung genau auf die Finger zu schauen. Die Rollen von Regierung und Opposition sind klar getrennt und der Wechsel gar nicht einfach, sondern nahezu notgedrungen mit Rückziehern und politischen Blessuren Blessuren verbunden.
Autorin:
Mag. Helga Tomaschtik