Die Lage ist eskaliert. Türkische Politiker der AKP wollten – wieder einmal – Wahlkampf in Europa machen. Diesmal geht es um das Referendum, das Staatschef Erdogan, in vielen europäischen Medien als Sultan Erdogan bezeichnet, auch zu einem solchen machen soll. Gut, das ist Sache der Türken und kann mit einer großen Bandbreite – von Kopfschütteln und Schulterzucken über ungläubiges Staunen bis hin zu blankem Entsetzen – aufgenommen werden. Aber bekanntlich hat ja jedes Volk die Politiker, die es verdient.
Aber ob das türkische Volk Politiker vom Schlage eines Nurman Kurtulmus verdient hat, bleibe dahin gestellt. Denn was in der ganzen ersten Aufregung in der Diskussion um Wahlkampfveranstaltungen und Auftrittsverbote für türkische Politiker oder die Ausweisung einer Ministerin durch die niederländischen Behörden beinah untergegangen ist, ist eine Stellungnahme dieses Herrn Kurtulmus, seines Zeichen Vizeregierungschef der Türkei.
Er hat interessante Methoden, um herauszufinden, wie unfair sein Land in ausländischen Medien behandelt werde. In Deutschland würde es in den Medien viel zu viele Überschriften zum Thema Türkei geben. Witzig! Den Wunsch, verschiedener Staaten, sich nicht zum Aufmarschgebiet türkischer Innenpolitik machen zu lassen, bezeichnet er als Rassismus. Interessant! Und die Nazivergleiche würden seine Regierungskollegen und deren allerhöchster Staatschef ja nur aus Sorge um die armen, armen Europäer ziehen, die sich vielleicht nicht mehr so richtig erinnern können, was da vor rund 80 Jahren bei ihnen abgegangen sei. Verrückt! Demagogische Nutzung der Sprache vom Feinsten. Aber halt. Das erinnert doch an etwas. Irgendwer hat doch vor mehr als 80 Jahren in unseren Breitengraden begonnen, die Sprache zu verdrehen und auch mit diesem Mittel eine Verbrechensherrschaft begründet. Wer war denn das bloß?
Aber die Türkei hat mittlerweile noch eine andere Möglichkeit gefunden, sich an der Europäischen Union abzureagieren. Niederländische Kühe, offensichtlich am Bosporus nicht mehr so ganz wohlgelitten, wurden ausgewiesen. Gut, holländische Urlauber werden ja nicht in Hülle und Fülle da gewesen sein, um ein oder mehrere Exempel zu statuieren. Und Proteste sind auch nicht unbedingt zu erwarten. Zumindest von den Kühen nicht. Das Muh ist immerhin noch ein internationales Zeichen der Verständigung.
Autor:
Dr. Christian Lang