Haben wir eine Wahl?

Wir leben ja in Zeiten des exorbitant schnellen Wandels. Wer gestern in war, ist heute out, was noch vor kurzem hochgejubelt worden war, wird wenig später verteufelt.

Derzeit trifft es gerade die Sozialen Medien. Schon seit längerem sind sie mit ihrer mitunter als skurril zu bezeichnenden Auswahl an Posts, die sie löschen oder nicht zur Veröffentlichung zulassen, verhaltensauffällig geworden. In mit US-Moral forsch unterfütterter Art und Weise werden etwa bestimmte medizinische Behandlungshinweisen als pornografisch gelöscht, während extreme Hasspostings gegen Politiker jeder Couleur als freie Meinungsäußerung gewertet werden. Das Interessante dabei ist, dass die Europa-Dependancen dieser Unternehmen nicht einmal für Ministerien und andere staatliche Organisationen erreichbar sind, um das Problem ausreichend zu diskutieren. Aber gut, wer hierzulande schon einmal versucht hat, bei einem Privatsender einen TV-Anschluss zu kündigen und bemerken musste, dass auf der ganzen Website keine Telefonnummer zu finden ist, der weiß, worum es geht.

Das Schlimme sind jedoch – das Wort postfaktisch ist nach Brexit und Trump-Wahl in aller Munde – die Lügen, die anscheinend über die Sozialen Netzwerke – auch für diese – unüberprüfbar verbreitet werden können. Der Höhepunkt aber sind die Algorithmen, die verwendet werden und die uns auf der Suche im Internet praktisch im eigenen Saft schmoren lassen. Sie haben erkannt, was wir gerne sehen, was wir gerne lesen und was wir gerne einkaufen. Mit den von ihnen angebotenen Lösungen führen sie uns dann immer in eine Einbahn, geben uns nicht die Möglichkeit zur Runduminformation.

Wenn das alles stimmt, dann können wir uns nur auf zwei Parameter verlassen. Zum einen, dass sich jeder von uns ein gewisses ethisches Verhalten bewahrt, bewahren wird oder bewahrt hat, um bei verschiedenen Dingen nicht mitzumachen. Und zum anderen, dass wir uns immer bemühen, Informationen zu einem Thema aus unterschiedlichen, voneinander unabhängigen, Quellen zu erhalten. Denn sonst bleibt uns bei all der unendlichen Weite des world wide web und bei all den Möglichkeiten, die die Sozialen Medien zulassen, doch nur die Wahlmöglichkeit, die unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern vor rund achtzig Jahren vor dem Volksempfänger hatten – nämlich keine!

Autor:

Christian Lang_LangTomaschtikCommunications

Dr. Christian Lang

Haben wir eine Wahl?

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